Der Weg hin zu einer nachhaltigen Energie- und Stromversorgung stellt eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Vielerorts gibt es die Befürchtung, dass durch die Erneuerbare Energien Anlagen, vor allem durch Windparks, zukünftig Touristen ausbleiben werden. Verändern doch die dreiarmigen Windwächter den Landschaftsraum in hohem Maße und besprenkeln purpurgrüne Wiesenlandschaften auf ungewohnte Art und Weise mit neuster Technik – so eine weit verbreitete Annahme. Die Auswirkungen der Energiewende auf Natur- und Kulturlandschaften und den Tourismus sind groß – keine Frage. Und potenzielle Risiken bei der Raumplanung zu berücksichtigen und vor allem Lösungen für die Ängste der Bevölkerung zu finden und die Region miteinzubeziehen, das ist uns, als Energieavantgarde Anhalt e.V., ein besonders wichtiges Anliegen.
Deshalb haben wir uns Gedanken dazu gemacht, wie wir die Energiewende als Hebel nutzen können, um mit Hilfe des Tourismus die regionale Wertschöpfung anzukurbeln und Hand in Hand mit dem Tourismus die Weichen für zukunftsträchtige Investitionen in der Region zu stellen. Schließlich kann eine florierende Tourismussparte einen wichtigen Wirtschaftsfaktor in der Region darstellen und viele Arbeitsplätze schaffen. Wie also einen umwelt- und naturverträglichen Tourismus und Erneuerbare Energien unter einen Hut bringen, um so möglichst viele deutsche und internationale Reisefans für die Region Anhalt zu gewinnen?
Ein Schlüsselkonzept stellt in diesem Zusammenhang der Energietourismus dar – Eine Nische, die in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnt. So gibt es in Deutschland vermehrt Reisende, die sich für naturnahes Reisen und erneuerbare Energien in der Bundesrepublik begeistern und vom Windpark an der Küste bis zur regenerativ versorgten Wanderhütte in den Alpen gerne Erneuerbare Energien erleben.
Baedeker hat für diesen Bedarf bereits einen eigenen Reiseführer entwickelt, der neben interessanten Informationen zu den erneuerbaren Energien auch länderübergreifende Energie-Touren zu ausgewählten Projekten bietet: Energie-Touren, Energielehrpfade, Energie-Erlebnis-Parke – eine vielseitige Zusammenstellung aus umwelt- und sozialverträglichen Reisetipps, die sich hervorragend mit Radfahren und Wandern verknüpfen lässt. Auch gibt es eine Internationale Energieschaustraße Europas, die als Vorzeigeprojekt im Bereich Bewusstseinsbildung im Erneuerbare Energien Sektor gilt.
Die Region Anhalt baut auf einer langjährigen Industrie- und Bau-Tradition auf und galt nicht nur im Bereich Braunkohle viele Jahrzehnte als besonders fortschrittlich, sondern war auch Wirk- und Schaffensort bekannter Bauhausmeister. Außerdem lockt Wittenberg als Lutherstadt Jahr für Jahr Touristen aus aller Welt an. Darüber hinaus lädt bereits heute ein sogenannter KOHLE | DAMPF | LICHT | SEEN – Erlebnispfad auf gut ausgeschilderten 120 Kilometern dazu ein, touristisch hochinteressante Erholungslandschaften zusammen mit einmaligen Zeugnissen der Industriegeschichte zu erleben.
Warum also die Erneuerbare Energien für die Tourismusregion Anhalt verfluchen, wenn sich die Erneuerbare Energien auch als Chance für die Region nutzen lassen, um sich einen internationalen Ruf in dem Bereich zu erwerben? Beispielsweise in Form von repräsentativen Energie-Schau-Plätzen, Erneuerbare-Energien-Parks oder einer eigenen Energie-Route Anhalt? Dadurch kann nicht nur das Wissen zum Thema Erneuerbare in der breiten Öffentlichkeit verbreitet werden, auch kann eine breite Akzeptanz für erneuerbare Energien geschaffen werden- und das ist wichtig, denn wer aktiv und gut informiert ist, der ist mit Begeisterung dabei.
Demnächst finden erste Gespräche der Energieavantgarde Anhalt mit dem Tourismusverband Anhalt-Dessau-Wittenberg statt. Im Fokus der Gespräche wird der Energietourismus als Symbiose von Erneuerbare Energien und Tourismus stehen. Uns stark machen für die Energiewende und gleichzeitig den Tourismus vorantreiben – das erfordert innovative, avantgardistische Konzepte und die Partizipation der Bevölkerung.
Denkbar ist beispielsweise die Schaffung eines Energieparks oder einer Energieroute mit Führungen, wo unter anderem die Vor- und Nachteil der erneuerbaren Energien (Windkraft, Photovoltaik, Biomasse) gruppenspezifisch erklärt werden? Denkbar sind auch Ausflüge mit Elektrofahrzeugen, ein spezielles Infozentrum oder ein allgemeiner Themenpark zum Thema Nachhaltigkeit. Was sind ihre persönlichen Vorstellungen zum Thema Energietourismus in der Region Anhalt? Wie lässt sich in Ihren Augen die regionale touristische Infrastruktur optimal mit den Erneuerbare Energien vernetzen?
Autorin: Barbara Haas