Weniger als 1000 Kilometer voneinander entfernt fanden am 12.12.2015 zwei Veranstaltungen statt, die so wenig und doch so viel miteinander zu tun haben:
In Paris fanden die Staaten der Welt den Kompromiss: es gibt nun einen Weltklimavertrag. 1,5 bis 2 Grad Celsius als Ziel. Also das Ende der Verbrennung fossiler Energien.
Zeitgleich im Ortsteil Zschornewitz (heute Stadt Gräfenhainichen): 100 Jahre Netzschaltung Kraftwerk Zschornewitz. Vor 100 Jahren das weltgrößte Braunkohlekraftwerk. Stillgelegt seit 1992. Nun, 100 Jahre nach dem Eintritt in das Zeitalter der großindustriellen Verstromung der Braunkohle, treffen sich in einer Feierstunden in den gut erhaltenen Relikten des Kraftwerks die ehemaligen Kraftwerker und Bergleute. Der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts ist dabei. Von den Energieunternehmen, die lange von der Kohle profitierten und heute das denkmalgeschützte Kraftwerk so schnell wie möglich vom Besucherverkehr abschließen wollen, ist niemand der Leitungsebene dabei.
Die ehemaligen Kraftwerker sind enttäuscht: nicht von den Ergebnissen des Weltklimagipfels, der das Ende “ihrer” Technologie vereinbart, sondern von der Verantwortungslosigkeit der Nutznießenden. 100 Jahre von Zschornewitz bis Paris, Anfang und Ende der Idee des Kohlezeitalters im industriellen Maßstab, müssen im Sinne der Energiewende eigentlich erklärt werden. Das ehemalige Kraftwerk Zschornewitz ist dafür ein geeigneter Ort. Partner sind dafür notwendig, aber gerade nicht die respektlose Ignoranz gegenüber der fossilen Energiegewinnung. Dieses Jahrhundert, das auch von Zschornewitz ausgehend Welt(kriegs)Geschichte schrieb, ist beendet. Die Zukunft der Transformation wird nicht einfacher. Da hilft es, sich ab und an zu erinnern, wie spannend und schwierig auch die Energievergangenheit war.
Zschornewitz soll Zukunftsort werden, dafür gab es den Applaus der Kraftwerker und der Bergleute. Anderes außer einer besseren Zukunft haben sie nie gewollt.